4.12.2006 | Pressemeldung

Notfall Gesundheitsreform

Der Verband medizinischer Fachberufe e.V. wird sich gemeinsam mit anderen Organisationen und Institutionen im Gesundheitswesen an den vielfältigen bundesweiten Aktionen am 4. Dezember 2006 unter dem Motto „Patient in Not – diese Reform schadet allen!“ beteiligen. Ziel ist es, mit aller Deutlichkeit auf die Konsequenzen der geplanten Gesundheitsreform für die Patienten und die 4,2 Millionen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufmerksam zu machen.


„Die Medizinischen und Zahnmedizinischen Fachangestellten in den Arzt- und Zahnarztpraxen spielen auch in diesem Gesetzestext keine Rolle. Doch beim Inkrafttreten werden sie wieder die Ersten sein, die die verfehlte Politik zu spüren bekommen und das - wie immer - im Doppelpack“, erklärt dazu Verbandspräsidentin Sabine Rothe.

Zum einem werde es, wie bereits bei der Praxisgebühr und den veränderten Arzneimittelrichtlinien, wieder dem Praxisteam überlassen, den Patienten die Reform zu erklären und zum anderen würden die Praxismitarbeiterinnen auch persönlich betroffen sein. Sabine Rothe: „Ändert sich nichts an der finanziellen Lage der niedergelassenen Praxen, dann stehen Tausende Frauenarbeitsplätze auf dem Spiel. Vollzeitstellen gehen verloren oder werden in Teilzeit- oder Minijobs umgewandelt.“

Der Verband medizinischer Fachberufe e.V. wendet sich deswegen direkt an die Abgeordneten, die über die Reform in der jetzigen Form abstimmen. „Mit ihrem Ja nehmen Sie in Kauf, dass Budgetierung und Reglementierung in noch drastischer Form zunehmen. Die Antwort darauf wird ein weiterer Personalabbau sein. Damit wird die Betreuung der Patienten zunehmend gefährdet. Zugleich verringert steigende Arbeitslosigkeit das Geld, das der gesetzlichen Krankenversicherung zur Verfügung steht.“

Arzt- und Zahnarztpraxen sind ein großer Arbeitsmarkt für Frauen. Allein rund 500.000 Medizinische und Zahnmedizinische Fachangestellte arbeiten im ambulanten Gesundheitswesen und versuchen, trotz relativ geringer Gehälter eine selbstständige Lebensführung zu realisieren. So erhält eine Arzthelferin beispielsweise nach zehn Jahren Berufstätigkeit bei einer Vollzeitstelle ein Durchschnittsbruttogehalt von ca. 1.600 Euro. Altersarmut ist vorprogrammiert.

„Für unsere Berufe ist die Orientierung an Patientenbedürfnissen von höchster Priorität. Doch der systematische Entzug der Finanzgrundlagen für die Leistungserbringer bringt uns in eine würdelose Bittstellerposition“, so Sabine Rothe weiter. „Dabei sollte der Gesellschaft gerade die Qualität der Betreuung wichtig sein. Die Patienten sollten sich darauf verlassen können, dass nur gut ausgebildete Mitarbeiterinnen Injektionen setzen. Es scheint, als ob die Koalition glaubt, dass eine qualitativ hochwertige Versorgung dadurch zur Realität wird, dass sie im Gesetz steht. Paragrafen schaffen aber keine fachliche und soziale Kompetenz. Bürokratie oder staatliche Eingriffe fördern aber keine Compliance der Patienten und sie steigern auch nicht die Motivation der Beschäftigten.“

Es könne nicht im Interesse der Bundesregierung sein, ein gut funktionierendes ambulantes Gesundheitssystem aufs Spiel zusetzen und damit eine schleichende Verschlechterung hinzunehmen, so Rothe weiter. Die Forderung ambulant vor stationär sei nicht nur preiswerter, sondern ermögliche vor allem den Patienten eine wohnortnahe fachärztliche Versorgung. Die derzeitige Gesundheitspolitik setze jedoch diese flächendeckende wohnortnahe gute ärztliche Versorgung der Bevölkerung aus Spiel.

„Im Sinne eines langfristigen finanzierbaren, patientenorientierten und präventiv ausgerichteten Gesundheitswesens sei es daher unbedingt notwendig, die Kompetenzen der gut aus- und weitergebildeten Medizinischen und Zahnmedizinischen Fachangestellten im Sinne einer qualitätsgerechten Leistungserbringung des gesamten Teams verstärkt zu nutzen, damit die nächste Gesundheitsreform nicht zum Notfall der Gesellschaft wird“, so die Verbandspräsidentin.

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