8.11.2023 | aktuelle Meldung
"Deutschland gibt so viel wie kein anderes Land in der EU für Gesundheit aus: knapp 5.000 Euro pro Einwohner und Jahr, das ist 52,9 Prozent mehr als der EU-Durchschnitt (3.159 Euro, OECD)", heißt darin gleich zu Beginn. "Trotzdem liegt die Lebenserwartung in Deutschland mit 80,8 Jahren nur knapp über dem EU-Durchschnitt (80,1) – im Vergleich zu vielen westeuropäischen Ländern sogar deutlich darunter. Dies wird insbesondere auf die kardiovaskuläre Sterblichkeit zurückgeführt. Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind hierzulande die häufigste Todesursache, die im Jahr 2021 ein Drittel aller Todesfälle umfasste. Im Vergleich zu anderen westlichen Industrienationen hat Deutschland eine der höchsten altersstandardisierten Sterblichkeitsraten durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Mit rund 57 Milliarden Euro verursachten Krankheiten des Kreislaufsystems im Jahr 2020 die höchsten Kosten für unser Gesundheitssystem. Aufgrund ihrer Häufigkeit und ihrer hohen Krankheitslast haben Herz-Kreislauf-Erkrankungen eine zentrale bevölkerungsmedizinische und gesundheitspolitische Bedeutung.
Nach aktuellem wissenschaftlichem Kenntnisstand werden bis zu 70 Prozent der Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch modifizierbare Lebensstilfaktoren verursacht – insbesondere ungesunde Ernährung, Bewegungsarmut, Rauchen und übermäßiger Alkoholkonsum. Der Prävention dieser Risikofaktoren kommt daher eine Schlüsselrolle zu. Ebenso bedarf es einer besseren Früherkennung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und deren Risikofaktoren, um frühzeitig eine Behandlung einzuleiten und einen gesunden Lebensstil zu unterstützen."
Zu den Vorschlägen gehören die Verbesserung der Früherkennung bei Jugendlichen und Erwachsenen (inkl. Angebot zur Vorfeld-Untersuchung in Apotheken), die Stärkung von Disease-Management-Programmen und die Reduzierung des Nikotinkonsums.
Inzwischen haben sich verschiedene medizinische Gesellschaften und Institutionen zu diesem Papier geäußert:
So weist die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin (DEGAM) darauf hin, dass der Fokus des Impulspapiers noch zu sehr auf Früherkennung und zu wenig auf Prävention gelegt wird. „Wir haben bereits zu einem viel früheren Zeitpunkt effektive Hebel. Hierzu zählen beispielsweise ein Werbeverbot für Tabakprodukte und ungesunde Lebensmittel oder die Zuckersteuer“, so DEGAM-Präsident Prof. Martin Scherer. Daneben sei auch zu bedenken, dass viele der vorgeschlagenen Maßnahmen nicht evidenzbasiert sind. Ohne erkennbaren Nutzen besteht jedoch die Gefahr, dass Über- und Fehlversorgung eher verstärkt statt abgebaut werden. In der Stellungnahme formuliert die DEGAM daher: „Angesichts des sich bereits jetzt schon aufbauenden Mangels an ärztlichen Praxen muss jede zusätzliche Leistung ganz besonders hinsichtlich ihrer Effektivität geprüft werden.“ Statt den Medizinsektor noch weiter aufzublähen, sollten primärpräventive Interventionen im Sinn einer Verhältnisprävention konsequent eingesetzt und niedrigschwellige unterstützende Angebote zur Lebensstilmodifikation ausgebaut werden.
Der Hausärztinnen- und Hausärzteverband (HÄV) und die Bundesärztekammer sprachen sich dagegen aus, Untersuchungen zur Messung der Blutdruck-, Cholesterin- und Blutzuckerwerte in Apotheken zu etablieren.
Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung stellte fest: „Die Früherkennung und Versorgung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist ein wichtiges Thema. Das Impulspapier gibt Hoffnung, dass die Politik erkannt hat, welche Relevanz die Prävention nicht nur im Bereich Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sondern für unser Gesundheitssystem im Allgemeinen hat. Bei den vorgestellten Maßnahmen fehlt jedoch ein wesentlicher Aspekt: die Berücksichtigung der neuen, präventionsorientierten Parodontitistherapie."
Das Referat MFA im Verband medizinischer Fachberufe ergänzt: "Die Medizin ist heute in der Lage, viele Erkrankungen durch Früherkennungsmaßnahmen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Dafür sind aber auch die Ressourcen von Ärztinnen, Ärzten und deren Teams erforderlich. MFA können ihre Kompetenzen, die sie im Bereich Prävention besitzen, leider nur allzu selten nutzen, weil sie mit bürokratischen Aufgaben bereits überlastet sind. Hier bietet aus unserer Sicht die Initiative HÄPPI des HÄV einen guten Ansatz, den wir sehr unterstützen. Gleichzeitig ist es aber auch wichtig, dass die Politik Maßnahmen unternimmt, um eine gesunde Lebensweise zu fördern."
Früherkennung und Versorgung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen - mehr Fokus auf Prävention gefordert
Das Bundesgesundheitsministerium hat im Oktober ein "Impulspapier Früherkennung und Versorgung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen" erstellt."Deutschland gibt so viel wie kein anderes Land in der EU für Gesundheit aus: knapp 5.000 Euro pro Einwohner und Jahr, das ist 52,9 Prozent mehr als der EU-Durchschnitt (3.159 Euro, OECD)", heißt darin gleich zu Beginn. "Trotzdem liegt die Lebenserwartung in Deutschland mit 80,8 Jahren nur knapp über dem EU-Durchschnitt (80,1) – im Vergleich zu vielen westeuropäischen Ländern sogar deutlich darunter. Dies wird insbesondere auf die kardiovaskuläre Sterblichkeit zurückgeführt. Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind hierzulande die häufigste Todesursache, die im Jahr 2021 ein Drittel aller Todesfälle umfasste. Im Vergleich zu anderen westlichen Industrienationen hat Deutschland eine der höchsten altersstandardisierten Sterblichkeitsraten durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Mit rund 57 Milliarden Euro verursachten Krankheiten des Kreislaufsystems im Jahr 2020 die höchsten Kosten für unser Gesundheitssystem. Aufgrund ihrer Häufigkeit und ihrer hohen Krankheitslast haben Herz-Kreislauf-Erkrankungen eine zentrale bevölkerungsmedizinische und gesundheitspolitische Bedeutung.
Nach aktuellem wissenschaftlichem Kenntnisstand werden bis zu 70 Prozent der Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch modifizierbare Lebensstilfaktoren verursacht – insbesondere ungesunde Ernährung, Bewegungsarmut, Rauchen und übermäßiger Alkoholkonsum. Der Prävention dieser Risikofaktoren kommt daher eine Schlüsselrolle zu. Ebenso bedarf es einer besseren Früherkennung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und deren Risikofaktoren, um frühzeitig eine Behandlung einzuleiten und einen gesunden Lebensstil zu unterstützen."
Zu den Vorschlägen gehören die Verbesserung der Früherkennung bei Jugendlichen und Erwachsenen (inkl. Angebot zur Vorfeld-Untersuchung in Apotheken), die Stärkung von Disease-Management-Programmen und die Reduzierung des Nikotinkonsums.
Inzwischen haben sich verschiedene medizinische Gesellschaften und Institutionen zu diesem Papier geäußert:
So weist die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin (DEGAM) darauf hin, dass der Fokus des Impulspapiers noch zu sehr auf Früherkennung und zu wenig auf Prävention gelegt wird. „Wir haben bereits zu einem viel früheren Zeitpunkt effektive Hebel. Hierzu zählen beispielsweise ein Werbeverbot für Tabakprodukte und ungesunde Lebensmittel oder die Zuckersteuer“, so DEGAM-Präsident Prof. Martin Scherer. Daneben sei auch zu bedenken, dass viele der vorgeschlagenen Maßnahmen nicht evidenzbasiert sind. Ohne erkennbaren Nutzen besteht jedoch die Gefahr, dass Über- und Fehlversorgung eher verstärkt statt abgebaut werden. In der Stellungnahme formuliert die DEGAM daher: „Angesichts des sich bereits jetzt schon aufbauenden Mangels an ärztlichen Praxen muss jede zusätzliche Leistung ganz besonders hinsichtlich ihrer Effektivität geprüft werden.“ Statt den Medizinsektor noch weiter aufzublähen, sollten primärpräventive Interventionen im Sinn einer Verhältnisprävention konsequent eingesetzt und niedrigschwellige unterstützende Angebote zur Lebensstilmodifikation ausgebaut werden.
Der Hausärztinnen- und Hausärzteverband (HÄV) und die Bundesärztekammer sprachen sich dagegen aus, Untersuchungen zur Messung der Blutdruck-, Cholesterin- und Blutzuckerwerte in Apotheken zu etablieren.
Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung stellte fest: „Die Früherkennung und Versorgung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist ein wichtiges Thema. Das Impulspapier gibt Hoffnung, dass die Politik erkannt hat, welche Relevanz die Prävention nicht nur im Bereich Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sondern für unser Gesundheitssystem im Allgemeinen hat. Bei den vorgestellten Maßnahmen fehlt jedoch ein wesentlicher Aspekt: die Berücksichtigung der neuen, präventionsorientierten Parodontitistherapie."
Das Referat MFA im Verband medizinischer Fachberufe ergänzt: "Die Medizin ist heute in der Lage, viele Erkrankungen durch Früherkennungsmaßnahmen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Dafür sind aber auch die Ressourcen von Ärztinnen, Ärzten und deren Teams erforderlich. MFA können ihre Kompetenzen, die sie im Bereich Prävention besitzen, leider nur allzu selten nutzen, weil sie mit bürokratischen Aufgaben bereits überlastet sind. Hier bietet aus unserer Sicht die Initiative HÄPPI des HÄV einen guten Ansatz, den wir sehr unterstützen. Gleichzeitig ist es aber auch wichtig, dass die Politik Maßnahmen unternimmt, um eine gesunde Lebensweise zu fördern."