14.3.2024 | Pressemeldung

Gemeinschaft der Heilberufe stellt Positionspapier vor

Link zum Positionspapier

Die Gemeinschaft der Heilberufe in Thüringen hat heute den Thüringer Landespolitikern ein gemeinsames Positionspapier übergeben. Ziel ist es, den Parlamentariern sowohl die akuten Herausforderungen der ambulanten Versorgung zu verdeutlichen als auch Lösungswege aufzuzeigen. Stellvertretend für die Landesregierung und das Parlament haben die Thüringer Gesundheitsministerin Heike Werner sowie Landtagspräsidentin Birgit Pommer das Positionspapier entgegengenommen. Zur Vorstellung des Papiers im Landtag diskutierten zahlreiche Politiker aller Parteien mit den Bündnispartnern.

Sabine Köhler, Vorsitzende der Gemeinschaft Gebietsärztlicher Berufsverbände in Thüringen erklärte bei der Übergabe: „Es ist bereits weit nach zwölf. Wir müssen jetzt handeln und ambulante Versorgungsstrukturen endlich stärken, um einen Gesundheitskollaps von Praxen sowie Apotheken zu verhindern und die Gesundheitsversorgung in Thüringen zu erhalten. An allen Ecken offenbaren sich bereits Auflösungserscheinungen: Arzt- und Zahnarztsitze bleiben unbesetzt, Medizinische Fachangestellte werden händeringend gesucht, die Zahl der Apotheken sinkt rapide. Die wohnortnahe ambulante Versorgung der Menschen in Thüringen ist akut bedroht.“

Dr. Ulf Zitterbart, Vorsitzender des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes Thüringen:
„Die hausärztliche Versorgung ist in vielen Bereichen bereits sehr angespannt. Um die Versorgung in Zukunft zu verbessern, wurde eine Änderung des Medizinstudiums im Masterplan 2020 bereits vor Jahren beschlossen. Die Umsetzung liegt bei den Ländern auf Eis. Dies ist völlig unverständlich. Auch das bereits beschlossene „Hausärztesicherstellungsgesetz“ ist trotz mehrfacher Versprechen noch nicht umgesetzt. Langwierigen politischen Prozessen mit Konsensfindung müssen auch konkrete Maßnahmen folgen. Dies erwarten wir von unserer gewählten Regierung.“

Dr. Knut Karst, Vorsitzender der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Thüringen:
„Es muss endlich Respekt für die Leistungen der Praxen und ihrer Teams gezeigt werden. Gerade jetzt wird es immer wichtiger, für die Patientenversorgung da zu sein und als lokaler Jobmotor zu wirken. Das derzeitige Konzept von Praxisbegehungen lässt Bürokratie und Frust in den Praxen steigen. Hier brauchen wir aktives Handeln der Landesregierung. Außerdem muss mehr Engagement für den Ausbau der Studienplätze und für die Bindung der Absolventinnen und Absolventen an die THÜRINGER Versorgung gezeigt werden. Nur so und mit dem Ende von Budgetierung bzw. staatlicher Eingriffe in die Punktwertverhandlungen können langfristig die gravierenden Folgen des Rückganges von Kolleginnen und Kollegen abgemildert werden.“

Stefan Fink, Vorsitzender des Thüringer Apothekenverbandes:
„Die wirtschaftliche Lage vieler Apotheken ist katastrophal. Seit 20 Jahren fehlen Honoraranpassungen, sodass inzwischen 10 % aller Apotheken in Thüringen rote Zahlen schreiben. Durch ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofes ist zu befürchten, dass der Anteil nicht mehr wirtschaftlicher Apotheken in Kürze sogar auf über 40 % ansteigen wird. Die Apothekerschaft fordert Politik und Regierung auf, in Anbetracht der ohnehin bereits massiven Schließungen von Apotheken, um-gehend eine Soforthilfe zu veranlassen und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen grundsätzlich zu verbessern.“

Hannelore König, Präsidentin des Verbandes medizinischer Fachberufe:
„Der Fachkräftemangel zeigt sich auch in Thüringen bei den Medizinischen und Zahnmedizinischen Fachangestellten deutlich: Immer weniger MFA und ZFA wollen diese Berufe erlernen und immer mehr arbeiten nur noch in Teilzeit. Mit Blick auf die Arbeitssituation und den Stress ist das nachvollziehbar. MFA und ZFA sind aber unverzichtbar für das Funktionieren des ambulanten Gesundheitswesens. Deshalb ist es wichtig, die Ausbildung und Qualifizierung durch neue interessante Perspektiven im Beruf zu verbessern, z. B. indem berufsbegleitende Aufstiegsfortbildungen in der Prophylaxe und der Versorgungsassistenz oder berufsbegleitende Studiengänge, wie zum Physician Assistant, gefördert werden.“

Die sechs Kernforderungen im Überblick:
  1. Ambulantisierung: Wir fordern die angekündigte Ambulantisierung umzusetzen, um Kosten im Gesundheitswesen zu sparen und stationäre Strukturen zu entlasten.
  2. Tragfähige Finanzierung: Wir fordern eine tragfähige Finanzierung, die auch in der ambulanten Gesundheitsversorgung mindestens einen Ausgleich für Inflation und Kostensteigerungen schafft.
  3. Fachpersonal stärken: Wir fordern eine spürbare Anerkennung des medizinischen, zahnmedizinischen und pharmazeutischen Fachpersonals durch die Förderung und Stärkung von Ausbildung und Qualifizierung sowie eine bessere Einbindung in die Versorgungsprozesse.
  4. Nachwuchsoffensive: Wir fordern die signifikante Erweiterung der Studienplatzkapazitäten bei den Heilberufen sowie die Förderung und Stärkung der Ausbildung in den Gesundheitsberufen.
  5. Entbürokratisierung: Der Bürokratieabbau im Gesundheitswesen muss zeitnah umgesetzt und die Versorgung mit zielgenauen Maßnahmen sowohl bei der Praxis- und Apothekengründung als auch im Versorgungsalltag entlastet werden.
  6. Sinnvolle Digitalisierung: Anspruch der Digitalisierung im Gesundheitswesen muss es sein, bestehende Versorgungsprobleme zu lösen und heilberufliche Kooperationen zum Nutzen der Patienten zu ermöglichen. Die dazu notwendige Technik muss nutzerfreundlich, funktionstüchtig und vollständig refinanziert sein. Daten zur Patientensteuerung müssen in heilberuflicher Hand bleiben.
Die Gemeinschaft der Heilberufe in Thüringen ist eine gemeinsame Initiative der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Apotheker und deren Teams in Thüringen.

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