5.11.2019 | Pressemeldung
Am 27. November beginnen in Hamburg die Tarifverhandlungen für Zahnmedizinische Fachangestellte (ZFA) in den Kammerbereichen Hamburg, Hessen, Saarland und Westfalen-Lippe. Die Situation auf dem Arbeitsmarkt in diesem Beruf stellt die Tarifparteien – den Verband medizinischer Fachberufe e.V. und die Arbeitsgemeinschaft zur Regelung der Arbeitsbedingungen der Zahnmedizinischen Fachangestellten/Zahnarzthelferinnen (AAZ) – vor besondere Herausforderungen.
„Wir verzeichnen bei ZFA bundesweit bereits seit einiger Zeit einen wachsenden Fachkräftemangel: Nach den neuesten Angaben der Agentur für Arbeit gab es im Oktober 2019 insgesamt 4.225 arbeitslose ZFA und 5.379 gemeldete offene Arbeitsstellen“, erklärt Carmen Gandila, Vizepräsidentin des Verbandes medizinischer Fachberufe e.V. „Das aus Sicht der Arbeitnehmer/innen vorteilhafte Verhältnis von Angebot und Nachfrage wirkt sich aber nur wenig positiv auf die Gehälter aus. Wir sehen darin einen Beweis, dass die von Arbeitgeberseite bevorzugte Tarifunabhängigkeit der falsche Weg ist“, so die Tarifexpertin weiter.
Weit unter der Niedriglohngrenze
Eine aktuelle Online-Umfrage des Verbandes medizinischer Fachberufe e.V. im September hat ergeben, dass sich die Bezahlung der ZFA im Vergleich zu 2016 verbessert hat. Demnach gaben nur noch rund 5 Prozent der ausgelernten ZFA an, dass sie maximal den Mindestlohn erhalten, 2016 waren es 21 Prozent. 31 Prozent sagten, dass sie weniger als das Tarifgehalt erhalten (2016: 39 Prozent). 2019 erklärten 26 Prozent, dass sie ein am Tarif orientiertes Gehalt bekommen bzw. ihre Entlohnung tarifgebunden ist (2016: 19 Prozent). Und auch der Prozentsatz derjenigen, die übertariflich bezahlt werden, stieg von 21 Prozent im Jahr 2016 auf 37 Prozent im Jahre 2019. Insgesamt gaben somit 2019 rund 63 Prozent an, dass sie mindestens das Tarifgehalt bekommen. 2016 waren es noch 40 Prozent.
Trotz dieser positiven Entwicklung arbeitet die Mehrheit der ZFA für einen Niedriglohn. Das Medianeinkommen von ZFA liegt bei 2.040 Euro brutto im Monat (Quelle: entgeltatlas.arbeitsagentur.de) und damit weit unter 2.203 Euro – jener Grenze, die das Arbeitsministerium als Niedriglohn angibt.
Großer Wunsch nach Berufswechsel
Um die Zufriedenheit im Beruf zu ermitteln, wurden die ZFA erstmals gefragt, wie oft sie im Laufe der letzten zwölf Monate daran gedacht haben, den Arbeitgeber oder den Beruf zu wechseln. Die Antwort zeigt ein hohes Maß an Unzufriedenheit: Mindestens einige Male im Monat haben demnach fast 37 Prozent der Teilnehmer/innen daran gedacht, den Arbeitgeber zu wechseln und 36 Prozent, ganz aus dem Beruf auszusteigen.
Zum Vergleich: Bei der Stress-Studie der Universität Düsseldorf unter Medizinischen Fachangestellten (MFA) waren es ca. 31 Prozent der MFA, die mindestens mehrere Male im Monat daran dachten, den Arbeitgeber und 22 Prozent den Beruf zu wechseln. Bei den Zahntechnikerinnen und Zahntechnikern lagen die Werte bei 39 Prozent (AG-Wechsel) bzw. 34 Prozent (Job-Wechsel).
Dass diese Unzufriedenheit nicht erst im Berufsalltag wächst, deutet sich bereits in der Ausbildung an. Die Frage, „Möchten Sie nach Ihrer Ausbildung in dem Beruf ZFA arbeiten?“ beantworteten 42 Prozent mit „ja“, 18 Prozent sagten sicher „Nein“ und 39 Prozent klickten „Ich weiß nicht“ an. Dabei zeigte sich, dass die Ablehnung mit der Ausbildungsdauer steigt: Während kurz nach Ausbildungsstart nur 8 Prozent für sich keine Zukunft im Beruf ZFA sahen, waren es zu Beginn des zweiten Ausbildungsjahres bereits 16 Prozent und am Anfang des dritten Ausbildungsjahres 30 Prozent.
Wertschätzung durch Tarifbindung zeigen
Sylvia Gabel, Referatsleiterin ZFA: „Diese Umfrage und auch viele Gespräche mit Kolleginnen zeigen, wie dramatisch die Lage ist. Viele verlassen sofort nach der Ausbildung den Beruf ZFA, weil sie an anderen Stellen bessere Arbeitsbedingungen und Gehälter finden. ‚Man kann den Wind nicht ändern, aber die Segel richtig setzen’. Genau das muss jetzt gemeinsam mit den Arbeitgebern und unserem Verband geschehen. Von sehr großer Bedeutung sind dabei eine angemessene Entlohnung und die Sicherheit eines bundesweiten Tarifvertrages. Deshalb rufen wir unseren Tarifpartner AAZ dazu auf, die Tarifgehälter deutlich zu erhöhen. Gleichzeitig fordern wir die Zahnärztevertreter/innen in den tariflosen Kammerbereichen Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen auf, sich endlich den Tarifvereinbarungen anzuschließen und so ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu signalisieren, dass sie sie wertschätzen.“
Dass diese Forderung dem Wunsch der ZFA entspricht, bestätigte auch die jüngste Umfrage: Von den 2.328 auszubildenden und ausgebildeten ZFA, die daran teilgenommen haben, gaben 93 Prozent an, dass ihnen ein bundesweiter Tarifvertrag als Mindeststandard sehr wichtig bzw. wichtig ist. Nur 7 Prozent waren der Meinung, ein bundesweiter Tarifvertrag wäre weniger wichtig (5 Prozent) bzw. gar nicht wichtig (2 Prozent).
Die Ergebnisse im Überblick
Dramatischer Fachkräfteengpass bei ZFA und 36 Prozent denken an Berufswechsel
Verband medizinischer Fachberufe e.V. vor den TarifverhandlungenAm 27. November beginnen in Hamburg die Tarifverhandlungen für Zahnmedizinische Fachangestellte (ZFA) in den Kammerbereichen Hamburg, Hessen, Saarland und Westfalen-Lippe. Die Situation auf dem Arbeitsmarkt in diesem Beruf stellt die Tarifparteien – den Verband medizinischer Fachberufe e.V. und die Arbeitsgemeinschaft zur Regelung der Arbeitsbedingungen der Zahnmedizinischen Fachangestellten/Zahnarzthelferinnen (AAZ) – vor besondere Herausforderungen.
„Wir verzeichnen bei ZFA bundesweit bereits seit einiger Zeit einen wachsenden Fachkräftemangel: Nach den neuesten Angaben der Agentur für Arbeit gab es im Oktober 2019 insgesamt 4.225 arbeitslose ZFA und 5.379 gemeldete offene Arbeitsstellen“, erklärt Carmen Gandila, Vizepräsidentin des Verbandes medizinischer Fachberufe e.V. „Das aus Sicht der Arbeitnehmer/innen vorteilhafte Verhältnis von Angebot und Nachfrage wirkt sich aber nur wenig positiv auf die Gehälter aus. Wir sehen darin einen Beweis, dass die von Arbeitgeberseite bevorzugte Tarifunabhängigkeit der falsche Weg ist“, so die Tarifexpertin weiter.
Weit unter der Niedriglohngrenze
Eine aktuelle Online-Umfrage des Verbandes medizinischer Fachberufe e.V. im September hat ergeben, dass sich die Bezahlung der ZFA im Vergleich zu 2016 verbessert hat. Demnach gaben nur noch rund 5 Prozent der ausgelernten ZFA an, dass sie maximal den Mindestlohn erhalten, 2016 waren es 21 Prozent. 31 Prozent sagten, dass sie weniger als das Tarifgehalt erhalten (2016: 39 Prozent). 2019 erklärten 26 Prozent, dass sie ein am Tarif orientiertes Gehalt bekommen bzw. ihre Entlohnung tarifgebunden ist (2016: 19 Prozent). Und auch der Prozentsatz derjenigen, die übertariflich bezahlt werden, stieg von 21 Prozent im Jahr 2016 auf 37 Prozent im Jahre 2019. Insgesamt gaben somit 2019 rund 63 Prozent an, dass sie mindestens das Tarifgehalt bekommen. 2016 waren es noch 40 Prozent.
Trotz dieser positiven Entwicklung arbeitet die Mehrheit der ZFA für einen Niedriglohn. Das Medianeinkommen von ZFA liegt bei 2.040 Euro brutto im Monat (Quelle: entgeltatlas.arbeitsagentur.de) und damit weit unter 2.203 Euro – jener Grenze, die das Arbeitsministerium als Niedriglohn angibt.
Großer Wunsch nach Berufswechsel
Um die Zufriedenheit im Beruf zu ermitteln, wurden die ZFA erstmals gefragt, wie oft sie im Laufe der letzten zwölf Monate daran gedacht haben, den Arbeitgeber oder den Beruf zu wechseln. Die Antwort zeigt ein hohes Maß an Unzufriedenheit: Mindestens einige Male im Monat haben demnach fast 37 Prozent der Teilnehmer/innen daran gedacht, den Arbeitgeber zu wechseln und 36 Prozent, ganz aus dem Beruf auszusteigen.
Zum Vergleich: Bei der Stress-Studie der Universität Düsseldorf unter Medizinischen Fachangestellten (MFA) waren es ca. 31 Prozent der MFA, die mindestens mehrere Male im Monat daran dachten, den Arbeitgeber und 22 Prozent den Beruf zu wechseln. Bei den Zahntechnikerinnen und Zahntechnikern lagen die Werte bei 39 Prozent (AG-Wechsel) bzw. 34 Prozent (Job-Wechsel).
Dass diese Unzufriedenheit nicht erst im Berufsalltag wächst, deutet sich bereits in der Ausbildung an. Die Frage, „Möchten Sie nach Ihrer Ausbildung in dem Beruf ZFA arbeiten?“ beantworteten 42 Prozent mit „ja“, 18 Prozent sagten sicher „Nein“ und 39 Prozent klickten „Ich weiß nicht“ an. Dabei zeigte sich, dass die Ablehnung mit der Ausbildungsdauer steigt: Während kurz nach Ausbildungsstart nur 8 Prozent für sich keine Zukunft im Beruf ZFA sahen, waren es zu Beginn des zweiten Ausbildungsjahres bereits 16 Prozent und am Anfang des dritten Ausbildungsjahres 30 Prozent.
Wertschätzung durch Tarifbindung zeigen
Sylvia Gabel, Referatsleiterin ZFA: „Diese Umfrage und auch viele Gespräche mit Kolleginnen zeigen, wie dramatisch die Lage ist. Viele verlassen sofort nach der Ausbildung den Beruf ZFA, weil sie an anderen Stellen bessere Arbeitsbedingungen und Gehälter finden. ‚Man kann den Wind nicht ändern, aber die Segel richtig setzen’. Genau das muss jetzt gemeinsam mit den Arbeitgebern und unserem Verband geschehen. Von sehr großer Bedeutung sind dabei eine angemessene Entlohnung und die Sicherheit eines bundesweiten Tarifvertrages. Deshalb rufen wir unseren Tarifpartner AAZ dazu auf, die Tarifgehälter deutlich zu erhöhen. Gleichzeitig fordern wir die Zahnärztevertreter/innen in den tariflosen Kammerbereichen Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen auf, sich endlich den Tarifvereinbarungen anzuschließen und so ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu signalisieren, dass sie sie wertschätzen.“
Dass diese Forderung dem Wunsch der ZFA entspricht, bestätigte auch die jüngste Umfrage: Von den 2.328 auszubildenden und ausgebildeten ZFA, die daran teilgenommen haben, gaben 93 Prozent an, dass ihnen ein bundesweiter Tarifvertrag als Mindeststandard sehr wichtig bzw. wichtig ist. Nur 7 Prozent waren der Meinung, ein bundesweiter Tarifvertrag wäre weniger wichtig (5 Prozent) bzw. gar nicht wichtig (2 Prozent).
Die Ergebnisse im Überblick